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Jüdischer Friedhof Pfaffenhausen erweckt zu neuem Leben!

Autorin: Kreisheimatpflegerin Cornelia Mence, 26.10.2021

Der älteste jüdische Friedhof im Landkreis Bad Kissingen wird in den nächsten Jahren dokumentiert.

Was umfasst die Dokumentation?

  • Für jeden Grabstein werden Geokoordinaten erstellt.
  • Die Grabsteine werden gereinigt, nach Bedarf restauriert bzw. Instand gesetzt und danach professionell fotographiert.
  • Anschließend werden die hebräischen Inschriften niedergeschrieben und ins Deutsche übertragen.
  • Auch der Zustand, das Material und die Größe der Grabsteine werden festgehalten.
  • Alle Informationen werden durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege online für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Was bedeutet die Dokumentation für die Heimatpflege?

Wir erfahren Lebensdaten von jüdischen Menschen, die über Jahrhunderte mit der christlichen Bevölkerung in unserem Landkreis gelebt, ihn mitgestaltet und entwickelt haben. Weiterhin lassen sich aus den Inschriften u. a. Berufe, Ämter in der jüdischen Gemeinde, Verfolgungen oder Epidemien erkennen.

Dies soll an nur zwei Beispielen veranschaulicht werden.

Beispiel 1: Grabstein aus Würzburg

So lernen wir von einem Grabstein in Würzburg von einer Frau aus Hammelburg, gestorben im Jahre 1287, dass mindestens seit diesem Jahr jüdische Familien in Hammelburg gelebt haben. Damit erhielten wir den ersten schriftlichen Nachweis einer jüdischen Gemeinde in Hammelburg. Der Grabstein wurde 1987 beim Abriß eines Hauses im Würzburger Stadtteil Pleich mit 1455 weiteren jüdischen Grabsteinen und Grabsteinfragmenten gefunden.

Quelle: „Die Grabsteine vom jüdischen Friedhof in Würzburg aus der Zeit vor dem Schwarzen Tod (1147-1346), herausgegeben von der Gesellschaft für fränkische Geschichte e.V., Band herausgegeben von Karlheinz Müller (Würzburg), Schim’on Schwarzfuchs (Bar Ilan: Tel Aviv und Paris), Avraham (Rami) Reiner (Be’er Scheva), S. 527“

Beispiel 2: Grabstein aus Worms

In einem zweiten Beispiel hören wir von der Vertreibung der Juden aus Hochstift Fulda im Jahr 1671.

Bild des Grabsteins eines Vorstehers, begraben in Worms
Grabstein eines Vorstehers, begraben in Worms;
© Digitale Edition ─ Jüdischer Friedhof Worms, wrm-800, CC BY 4.0-Lizenz

Es handelt sich um den Grabstein von Aharon ben Jecheskel Elijahu, gestorben in Worms. Die Inschrift lautet:

„Der Meister, Herr Aharon, sein Andenken zum Segen, von den Vertriebenen Hammelburgs. Ich will doch Klage erheben, den verlassen hat der Lebensodem den Meister, Herrn Aharon, Sohn des Herrn Jecheskel Elijahu; er zog auf 5 Waisenkinder in seinem Haus; großzügig verteilte er an alle Hungrigen und Durstigen; er war Vorsteher in der Heiligen Gemeinde Hammelburg bis zum Jahr der Vertreibung der Juden von dort. Und er verschied hier, alt und satt an Tagen am 03.10.1670.“

Quelle: Digitale Edition ─ Jüdischer Friedhof Worms, wrm-800 | CC BY 4.0

Warum ist der Jüdische Friedhof in Pfaffenhausen so außergewöhnlich und wichtig?

Ein jüdischer Friedhof bildet im religiösen Leben einer Kultusgemeinde mit Synagoge und Mikwe einen der drei Grundpfeiler. Beim jüdischen Friedhof in Pfaffenhausen handelt es sich um einen Verbands- oder Bezirksfriedhof, der seit dem Jahre 1580 besteht. Da es sehr teuer und aufwendig war, einen Friedhof zu betreiben (Totengräber, Mauer, Taharahaus, Pflege etc.), schlossen sich die umliegenden jüdischen Gemeinden zusammen. Die Kultusgemeinden Brückenau, Bonnland, Dittlofsroda, Geroda, Hammelburg, Heßdorf, Gemünden, Oberthulba, Platz, Riedenberg, Schondra, Untererthal, Völkersleier und Westheim bestatteten regelmäßig ihre Toten in Pfaffenhausen. Noch heute sind 1146 Grabsteine zu sehen.

Sehr viel später errichteten einzelne jüdische Gemeinden eigene Friedhöfe. So entstanden jüdische Friedhöfe 1817 in Bad Kissingen, 1874 in Steinach, 1903 in Maßbach, 1911 in Geroda und 1924 in Bad Brückenau.

Auch diese Friedhöfe sollen nach und nach dokumentiert werden.


Titelbild des Beitrages: Jüdischer Friedhof Pfaffenhausen (Hammelburg) © Sammlung Mence