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Warum die Gimpel auch Dompfaffen heißen

Sage ohne festen Ortsbezug

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Einst versuchte ein Rhönbauer mehrere seiner schönsten Kanarienvögel und Dompfaffen zu verkaufen. Er fuhr nach Mainz, im Glauben die geistlichen Herren am Hofe des Bischofs würden die Liebe zu den niedlichen Tieren – aus christlicher Nächstenliebe für den armen Züchter – durch einige blanke Gulden zeigen. Aber da hatte er sich geirrt.

Der wortkarge Rhöner wandte seine ganze Überredungskunst auf und bettelte: „Wenn Hochwürden schon keine Kanari wollen, so kaufen Sie mir doch bitte einen Dompfaff ab!“ Das Wort „Dompfaff“ missfiel offensichtlich dem geistlichen Herrn, denn er fragte etwas ärgerlich: „Warum heißt Ihr denn die Blutfinken oder Gimpel ausgerechnet Dompfaffen?“ Der Bauer wiegte seinen Kopf fast etwas verlegen her und hin, lächelte dann aber verschmitzt und antwortete fast kleinlaut: „Ei, – die fressen so viel und singen so schlecht!“

Auf diese so schlagfertige Antwort war der Herr Prälat allerdings nicht gefasst und musste lauthals lachen. Er kaufte dem Rhönbauern sofort zwei Dompfaffen ab. Einen bekam sein Kollege durch den Vogelhändler, allerdings mit dem Auftrag, ihm den Namen Dompfaff in gleicher Weise zu erklären. Den anderen Dompfaff behielt er selber.

So hat ein lustiges Wort oft so viel Kraft, einen ungnädigen Herrn in einen fröhlichen Käufer zu verwandeln.

Quelle

Josef Lisiecki: Warum die Gimpel auch Dompfaffen heißen | entnommen aus: Landkreis Bad Kissingen (Hrsg.): Sagen und Legenden aus dem Landkreis Bad Kissingen, 1982, S. 244 | Nachdruck nur mit Quellangabe gestattet

Josef Lisiecki verweist im o.g. Sagenband zur Herkunft der Sage auf folgende Informationen und Quellen:

  • Sagen aus Rhön und Vogelsberg, S. 256.
  • In der Rhön war das „Vogellehrer-Gewerbe“ und die Vogelzucht einst sehr verbreitet. Der Rhönkalender 1956 berichtet davon. Der aus Dalherda stammende Landwirt Christian Grösch, der „Vogelgrösch“ hatte bei Fulda eine Dompfaffensingschule.
  • Hermann Jung schreibt in der Rhönwacht 1973 Nr. 3 S. 75: „Wer diese herrlich gefiederten Finkenvögel, auch Gimpel genannt, schon in der Natur beobachtet hat – die Hähnchen fallen durch das leuchtende Rot ihrer Brust neben blauschwarzen Schwingen und Schwanzfedern und das charakteristische schwarze Käppchen, das ihnen den Namen „Dompfaffen“ gab, auf – der weiß, daß sie im allgemeinen nur eine melancholische, monotone, Dreitonmelodie pfeifen, aber dazu neigen, fremde Töne aus ihrer Umgebung nachzuahmen. Diese Gabe macht den Dompfaff zu einem mehr oder weniger gelehrigen Gesangsschüler. Manche Dompfaffen erlernten ein ganzes Repertoire von Liedern und wurden reine Liedervirtuosen.“

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