Ein alter Bauer aus Reith hatte in der Nähe des ehemaligen Weiprechtskirchleins eine Waldwiese, die er an einem schönen Sommermorgen mähte. Da vernahm er plötzlich aus der nahen Grenzhecke ein merkwürdiges Geräusch. Bei näherer Betrachtung machte er eine schauerliche Entdeckung: Auf einem Haufen blanker Goldmünzen lag eine scheußliche Schlange, die dem Bauern zornig Gift und Galle entgegenspie. Er wich zwar erschrocken zurück, doch kam ihm blitzschnell in den Sinn, hier könne nur der Teufel in Schlangengestalt einen Schatz bewachen.
Der alte Mann eilte nach Hause, nahm vom frisch gebackenen Brot den ersten Laib, schnitt ein weiches Stück heraus, drückte ein tiefes Loch hinein, füllte e s mit geweihtem Salz und Würzweihkräutern, segnete das Brot und eilte zum Schlangenplatz zurück. Wieder zischte die Schlange ihm zornig entgegen. Er aber schleuderte das gesegnete Brot direkt in den Rachen des Untiers. Die Wirkung war überraschend:
Plötzlich war die Schlange wie vom Erdboden verschwunden, das viele Gold aber blinkte frei auf dem Haufen. Nun raffte der Bauer gierig den Schatz zusammen, stopfte die Dukaten in einen großen Sack, den er eigens dafür mitgebracht hatte, und eilte mit der schweren Beute nach Hause. Dort schüttete er seinen Schatz auf einen mächtigen Eichentisch und ließ von der ganzen Familie den neuen Goldsegen bestaunen.
Als man gerade Pläne für die Verwendung des Goldes machte, klopfte es heftig an die Tür. Im Nu war das Geld versteckt. In die Stube trat der Amtsbote der Propstei Thulba und erklärte, der alte Bauer habe am Platz der ehemaligen Weiprechtskirche einen Schatz gehoben, der altes Kircheneigentum sei und somit sei heute das Kloster Thulba rechtmäßiger Besitzer. Er solle dort die Münzen abliefern, andernfalls aber schwören, keinen Schatz gefunden zu haben. Der gottesfürchtige Alte wollte aber sein Gewissen nicht belasten und lieferte, wenn auch schweren Herzens, den Goldfund im Kloster Thulba ab.
Quelle
Josef Lisiecki: Der Goldschatz beim Weiprechtskirchlein | entnommen aus: Landkreis Bad Kissingen (Hrsg.): Sagen und Legenden aus dem Landkreis Bad Kissingen, 1982, S. 176 f. | Nachdruck nur mit Quellangabe gestattet
Josef Lisiecki verweist im o.g. Sagenband zur Herkunft der Sage auf folgende Informationen und Quellen: Geschichten und Sagen des Hammelburger Raumes, S. 24 und 25 nach Hammelburger Zeitung – Heimatblätter vom 03.04.1935 von J. Seufert.
Ungefährer Ort der Sage
Lage der Probstei Thulba
Weitere Sagen
Sagen aus Oberthulba
Sagen aus dem Landkreis Bad Kissingen