Zwischen Weißenbach und Heiligkreuz liegt ein kleiner romantischer Waldsee. Ganz in der Nähe stand einst die sagenumwobene Mühle des „Clausmüllers“, der im Volksmund später „Glasmüller“ genannt wurde.
Der Glasmüller war ein reicher aber auch arbeitsamer Mann. In seiner Freizeit galt seine ganze Liebe dem Wald und dem Wild. Füchse und Hasen, Rehe und Hirsche, die bei seiner einsam gelegenen Mühle wechselten, verleiteten ihn jedoch zum Wildern. Er hätte wohl die Erlaubnis zum Jagen von seiner Herrschaft, den Freiherren von Thüngen, gegen eine angemessene Gebühr bekommen können, aber wie reiche Leute nun einmal sind, sagte er sich: „Was ich umsonst haben kann, brauche ich doch nicht erst zu kaufen.“
Und so durchstreifte er, wenn es ihm die Arbeit erlaubte, auf heimlichen Pfaden die benachbarten Wälder. Manches Häslein und manches Reh wanderte so in seine Speisekammer. Die schöne Müllerin aber erregte den Neid ihrer Freundinnen, wenn sie beim Kirchgang in einem neuen Fuchspelz erschien. Die Jagdleidenschaft des Glasmüllers erhielt nun eines Tages einen mächtigen Dämpfer: Wieder einmal befand sich der Müller auf einem verbotenen Pirschgang. Von weitem nahte der herrschaftliche Förster. „Au weh“, dachte der Wilddieb, „nun schlägt’s aber dreizehn!“ Die verräterische Flinte konnte er nicht rasch genug verbergen. Da entsann er sich seiner Zauberkräfte und verwandelte sich flugs in einen mächtigen Baumstumpf. Gemächlich kam der Förster den Holzweg herab und nahm ausgerechnet auf diesem Baumstumpf Platz, um ein Pfeifchen zu rauchen. Als er dieses nun ausgeschmaucht hatte, erhob er sich und klopfte seine Pfeife auf dem Baumstumpf aus. – Kaum war der Förster aber außer Sicht, verwandelte sich der Müller wieder in seine menschliche Gestalt zurück und eilte heimwärts. Eine gute Stunde später kehrte der Förster zu einer kleinen Rast vor dem Aufstieg nach Roßbach bei seinem Freund, dem Glasmüller, ein. Bei Apfelmost und Pfeifenqualm ließ es sich gut plaudern. Da sagte beiläufig der Glasmüller: „Förster, wenn du wieder einmal im Wald eine Pfeife ausklopfst, brauchst du ja nicht gerade die Asche in meine Nasenlöcher streuen!“
Aus solcher Rede wurde der Förster aber nicht klug, hielt dem Freund zugute, dass er etwas zu tief in den Krug geguckt hatte und verließ mit kurzem Gruß die Mühle. Der pfiffige Glasmüller aber lachte sich eins ins Fäustchen.
Quelle
Josef Lisiecki: Der Glasmüller als Zauberer | entnommen aus: Landkreis Bad Kissingen (Hrsg.): Sagen und Legenden aus dem Landkreis Bad Kissingen, 1982, S. 226 f. | Nachdruck nur mit Quellangabe gestattet
Josef Lisiecki verweist im o.g. Sagenband zur Herkunft der Sage auf folgende Informationen und Quellen: Heimatkundliche Stoffsammlung der Lehrer des Landkreises Brückenau 1958 – 1960 von Lehrer Adolf Röß, Roßbach.
Ungefährer Ort der Sage
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Sagen aus Zeitlofs
Sagen aus dem Landkreis Bad Kissingen