Die Stadt Brückenau hatte wieder einmal ihren Lehensträgern die Zahlung von Pfandzinsen verweigert. Die seit langem fälligen Gülten gaben Anlass zur Fehde. Da aber die Stadt neue und hohe Mauern besaß, die noch von tiefen Gräben umgeben waren, taten sich mehrere adelige Herren zusammen, um gewaltsam in die Festung Brückenau einzudringen. Die Bürger der Stadt waren aber für ihre Tapferkeit bekannt und sie hatten bereits von einem geplanten Überfall Lunte gerochen. Jedenfalls wagten die Angreifer: Caspar von Bibra, Conrad von Thüngen, Thomas von Ebersberg und Hans von Steinau (genannt Steinruck) nicht den offenen Angriff und beschlossen, sich einer List zu bedienen:
Als die Stadt Brückenau wieder einmal eine Weinlieferung erwartete, sahen die Lehensträger ihre Zeit für gekommen.
Auf einen langen Pferdewagen luden sie zu unterst große leere Fässer, „füllten“ sie mit einigen mutigen Landsknechten und schichteten volle Fässer über die leeren. Der Transport sollte zu so später nächtlicher Stunde in der Stadt eintreffen, dass eine Entladung in derselben Nacht nicht befürchtet werden musste. Sollten aber dennoch die Bürger noch Lust zu einer kleinen Weinprobe verspüren, müssten sie die oberen Fässer anzapfen, denn der Spund zu den unteren war auf der Innenseite der Fuhre, also nicht zu erreichen. So kam es dann auch: Der Weintransport traf in nächtlicher Stunde ein und wurde in der Nähe des Rathauses abgestellt.
Als in der Stadt die nächtliche Ruhe eingekehrt war, krochen die Soldaten aus ihrem unbequemen Gefängnis, öffneten das Stadttor und ließen die dort wartenden Ritter in die Festung Brückenau. Der Nachtwächter blies vom hohen Torturm Alarm, rannte durch die Wehrgänge und mobilisierte die schlafenden Bürger. Bald kam es zu einem heftigen Gefecht, ja, es schien, als bekämen die Eindringlinge die Oberhand. Aber in höchster Not eilte St. Georg, den die frommen Bürger angerufen hatten, mit einem riesigen Schwert den Bedrängten zu Hilfe und jagte Ritterschar und Gefolgsleute zum Stadttor hinaus.
Da sich dieses Ereignis am Georgitag, dem 23. April, zugetragen hatte, wurde St. Georg fortan als Schutzpatron der Stadt verehrt und sein Tag mit Gottesdienst und Prozession begangen. Das Kriegerdenkmal auf dem Marktplatz zeigt in einer guten Steinmetzarbeit den Befreier der Stadt im Kampf mit einem Drachen.
Quelle
Josef Lisiecki: Wie St. Georg Brückenau rettete | entnommen aus: Landkreis Bad Kissingen (Hrsg.): Sagen und Legenden aus dem Landkreis Bad Kissingen, 1982, S. 31 f. | Nachdruck nur mit Quellangabe gestattet
Josef Lisiecki verweist im o.g. Sagenband zur Herkunft der Sage auf folgende weitere Quellen und Informationen:
- Der Volkersberg 1978, S. 101
- Volkstümliches Heimatbuch, S. 80 und 227.
- auch: Sagen aus Rhön und Vogelsberg, S. 217 und 218
- auch: Bayernheft 17 Rhön und Fränk. Saale S. 8. und 9.
- St. Georg, einer der 14 Nothelfer, soll um 270 im damaligen Kapadozien in der heutigen Südtürkei, geboren sein. Er wurde sogar Oberst in einer römischen Legion und hat, wie die Legende berichtet, einen Drachen getötet. Da er aber als einer der letzten Martyrer durch seinen Heldenmut dem Heidentum schwer zusetzte, kann sein Sieg über das Untier auch symbolisch verstanden werden. Im Jahre 303, zur Zeit der erbarmungslosen Christenverfolgung unter dem römischen Kaise Diokletian, ging er als Sieger in den Tod. Seitdem verehrt ihn alle Welt. (“Name verpflichtet” von P. Ezechiel Britschgi, arena-Taschenbuch Band 8/9Arena-Verlag Georg Popp, Würzburg, 1959).
Ungefährer Ort des Kriegerdenkmals
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