Vor urdenklichen Zeiten besuchten drei vornehme Mädchen regelmäßig Kirchweihfeste und Tanzveranstaltungen in Althausen bei Münnerstadt. Sie fielen den Festgästen nicht nur auf durch ihr höfliches und liebenswürdiges Benehmen, sondern auch durch ihre „höfische“ Kleidung, ihre langen kostbaren Gewänder mit wertvollem Zierrat und so verstanden sie es, alle Anwesenden zu begeistern und in ihren Bann zu ziehen.
Die Dorfburschen rissen sich um sie, wollten mit ihnen tanzen und flirten, ja, es gab sogar fast immer Schlägereien wegen Eifersucht. Kurz vor Mitternacht waren die Schönen aber stets verschwunden und niemand wusste ihren Heimweg. Die Burschen des Dorfes wurden deshalb neugierig und ersannen eine List: Als die netten Damen wieder einmal im Saal weilten, stellten die Jungen die Uhr um eine Stunde zurück. So konnten ihre Tänzerinnen länger bleiben als sonst. Kurz vor eins verriet man ihnen den „Spaß“. Diese aber wurden leichenblass und standen da wie versteinert. Sie baten nun einige Burschen, sie zu begleiten. Die Jungen eilten mit den Mädchen zum Hofwasser, das oberhalb vom Wehr liegt. Dort steht die Lauer fast still und die Leute sagen, der Fluss sei hier unergründlich tief. Die jungen Begleiter erschraken aber furchtbar, als die drei Grazien erklärten, sie müssten nun hier in die Tiefe tauchen und wenn sich das Wasser rot färben sollte, könnten sie nie mehr zum Tanzen erscheinen.
In diesem Augenblick stiegen die Mädchen weinend in das kalte tiefe Wasser; die Burschen aber starrten ohnmächtig, wie angewurzelt in die Lauer und es überkam sie ein kaltes Schaudern. Schon nach kurzer Zeit quollen blutige Wellen zur Oberfläche und flossen in roten Streifen davon. Da dämmerte es den Burschen, dass ihre hübschen Freundinnen Wassernixen waren und in Furcht und Grauen wurde ihnen bewusst, dass nur durch ihre Schuld die Wasserjungfrauen ihr Leben verwirkt hatten.
Manche Leute behaupten, sie hätten die Mädchen manchmal noch um Mitternacht bei der Mühle gesehen, sogar mitunter Lichter und brennende Bäume.
Quelle
Josef Lisiecki: Die Wassernixen von Althausen | entnommen aus: Landkreis Bad Kissingen (Hrsg.): Sagen und Legenden aus dem Landkreis Bad Kissingen, 1982, S. 16 | Nachdruck nur mit Quellangabe gestattet
Josef Lisiecki verweist im o.g. Sagenband zur Herkunft der Quelle auf: Geschichten und Sagen des Kissinger Raumes S.53, „Die kluge Magd“ von Hildegard Mann, Lehrerin in Althausen 1936
Ungefährer Ort der Geschichte
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