In einer hessischen Grenzgemeinde lebte einst ein ehrsamer Handwerksmeister. Er war dem durch Grenzschmuggel „verbilligten bayerischen Korn“ sehr zugetan. Sein großer Bedarf konnte nur ohne Zollbehörde gedeckt werden. Eines Tages verabredete er sich wieder einmal mit seinen bayerischen „Handelspartnern“, um sich ein „schwarzes Fässlein Branntwein”” zu besorgen. Seine Freunde aber wollten einmal eine Gaudi erleben und verständigten die Polizei. Als nun unser Meister im „Bayerischen“ ankam, um sein Fässchen aufzutanken, riet man ihm, es mit Wasser zu füllen, denn die Polizei habe Lunte gerochen. Gesagt – getan. Ruhigen Gewissens schob der Freund scharfer Sachen seinen Nullprozentigen der hessischen Heimat entgegen. – „Halt!“, – durchschnitt es plötzlich die nächtliche Stille. „Was haben Sie in dem Fass?“ – „Wasser“ war die lakonische Antwort. – „Ja, ja, das kennen wir, marsch zurück zur Polizeistation! Wir geben Ihnen Wasser, sogar Brot dazu!“ – „Dort hab ich nichts zu suchen, ich bin mir keiner Schuld bewusst“, erwiderte spitzbübisch der Meister und schob eifrig weiter. Den Hütern des Gesetzes blieb kein anderer Ausweg als das Fässchen selbst in amtlichen Gewahrsam zu nehmen und es zur bayerischen Zollstation zu schieben. Dort überzeugte man sich – freilich erstaunt – von dem ungewöhnlichen Inhalt des Fasses. Man forderte den Besitzer auf, seine Ladung abzuholen. Der jedoch meinte ironisch: „Wer’s geholt hat, solls auch wieder bringen“. Nun müssten die Zöllner ein zweites Mal das Fass durch die Gegend karren. Sie wollten aber unbedingt den Grund für den nächtlichen Wassertransport erfahren. „Das dürft ihr wissen“, sprach der hessische Handwerksmeister in belehrendem Ton: „In letzter Zeit bringt meine Frau die Erbsen nicht richtig weich. Da wurde mir’s Kothener Mineralwasser empfohlen …“
Noch in derselben Nacht bekam der hessische Alkoholfreund sein „Feuerwasser“ – ohne Zoll und ohne Kontrolle; die Herren von der Behörde jedoch schoben Wasser zum Erbsenkochen.
Quelle
Josef Lisiecki: Die überlisteten Zöllner | entnommen aus: Landkreis Bad Kissingen (Hrsg.): Sagen und Legenden aus dem Landkreis Bad Kissingen, 1982, S. 109 f. | Nachdruck nur mit Quellangabe gestattet
Josef Lisiecki verweist im o.g. Sagenband zur Herkunft der Sage auf folgende Informationen und Quellen:
- Die Rhönwacht Jahr 1929, Wilhelm Link,
- Welkers erzählt eine heitere Schmugglergeschichte, die sich im Raum Kothen-Motten-Heubach-Utrichshausen zugetragen haben soll,
- Der Volkersberg, S. 98 und 99
Ungefährer Ort der Sage
Weitere Sagen
Sagen aus Motten
Sagen aus dem Landkreis Bad Kissingen