Bei Bad Kissingen stand einst die Lindesmühle. Seit vielen Jahren schon gingen die Mahlaufträge immer mehr zurück, so dass der Müller im Lauf der Zeit verarmte.
Da kamen eines Tages viele kleine Wichtelmänner als gute Geister und füllten nachts Scheune und Böden mit neuer Frucht. Auf diese Weise gelangte im Laufe der Zeit der Müller ganz unerwartet wieder zu Wohlstand und Ansehen.
Den Wichteln war bei ihren schwachen Kräften diese Hilfe aber nur möglich, indem sie jede Ähre einzeln auf den Rücken nahmen und in die Scheune trugen. Als nun der Müller durch seinen unverhofften Reichtum übermütig geworden war, ertappte er eines Nachts einen kleinen Kobold, wie er gerade unter der Last einer Ähre stöhnte und sie fast nicht auf den Futterboden schleppen konnte. Da rief er in seiner Überheblichkeit dem Wichtelmännlein zu: „Du Kröte, soll ich wegen einer lächerlichen Kornähre mir dein Gestöhne anhören?“
Diese lästerlichen Worte verbitterten die kleinen Zwerge so sehr, dass sie von Stunde ab Ähre für Ähre wieder aus der Mühle wegschleppten, so dass der Müller wieder sehr verarmte. Auch die Mühle ging zusehends dem Verfall entgegen.
Quelle
Josef Lisiecki: Die Wichtelmänner der Lindesmühle | entnommen aus: Landkreis Bad Kissingen (Hrsg.): Sagen und Legenden aus dem Landkreis Bad Kissingen, 1982, S. 43 f. | Nachdruck nur mit Quellangabe gestattet
Josef Lisiecki verweist im o.g. Sagenband zur Herkunft der Sage auf folgende Informationen und Quellen: Geschichten und Sagen des Kissinger Raumes, S. 66. | Erzählung von Chr. L. Wucke in Sagen der mittleren Werra, der angrenzenden Abhänge des Thüringer Waldes, der Vorder- und Hohen Rhön, sowie aus dem Gebiet der Fränkischen Saale, Eisenach 1981, S. 488.
Ungefährer Ort der Sage
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