Im Jahre 770 schenkte Carlmann, der Onkel Karls des Großen, die Martinskirche dem Bistum Würzburg. 777 aber schenkte Karl der Große die Stadt Hammelburg „mit Zugehörungen“ der Abtei Fulda. In kirchlicher Hinsicht unterstand das Gebiet des Klosters Fulda dem Bistum Würzburg, sogar die Stadt Fulda selbst. Dieser Umstand führte zu häufigen Spannungen, scharfen Gegensätzen und sogar zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen diesen beiden geistlichen Territorien.
Abt Konrad III. von Malkos (1222 – 1249) wollte den Angriffen der Würzburger begegnen und begann jene mächtige Festung zu bauen, von der heute nur noch Reste an der Kirche, am Mönchturm und am Zehnthaus zu sehen sind. Die Klosterchronik schreibt:
„Als man zählte zwölf Hundert zwanzig und ein
ward Hammelburg ummauert mit Stein,
unter Abt Malchoz genannt
im römischen Reich sehr wohl bekannt.“
Da aber die Bauleute sich während ihrer Arbeit des Öfteren gegen das streitbare Würzburger Volk zur Wehr setzten und sogar zu den Waffen greifen mussten, drängte der Fürstabt zur Vollendung des Bollwerks:
Bürger der fuldischen Dörfer wurden verpflichtet, Fuhrwerke mussten Baumaterial fahren und wer nicht mauern konnte, hatte Kalk und Steine zu karren. Die ganze Stadt glich einem wimmelnden Ameisenhaufen. Die mächtigen Mauertürme waren noch nicht vollendet – von ihnen stehen heute noch der nördliche und südliche – da gab der Abt bekannt: „Von jener Baugruppe, welche ihren Turm als erste schafft, darf der Maurer mit der größten Hand aus dem Schatz des Abtes so viel herausholen, wie er mit einem Male greifen kann, und jeder soll gleichviel erhalten.“
Nun begann ein wildes Wettrennen auf den Baustellen. Die Steinmetze kamen kaum mehr mit, die Maurer trieben die Stein- und Kalkträger an und die Fuhrleute hasteten von den Steinbrüchen zur Stadt. Es kam sogar zum offenen Kampf, als die Arbeiter vom Baderturm denen vom Mönchturm vorwarfen, sie hätten in der Nacht Baumaterial weggefahren. Bittere Feindschaft brach aus und oft gab es Schlägereien und blutige Köpfe.
Schließlich konnten die vom Mönchturm doch als erste ihr Bauwerk vollenden und der Fürstabt händigte die versprochene Belohnung aus.
Da kam vom Baderturm die traurige Kunde, dass drei Bauleute: ein Vater von acht Kindern, ein junger Mann und ein Fremder vom Turm in die Tiefe gestürzt seien. Alle waren tief betroffen und versanken in ein langes Schweigen. Da machte der Vorarbeiter der Sieger den Vorschlag, der Herr Abt möge das Geld den Hinterbliebenen der Verunglückten geben, in Gottes Namen. Alle stimmten bereitwillig diesem Vorschlag zu. Der Abt lobte diese edle Haltung; die gute Tat aber machte auf die gegnerischen Turmbauer einen solchen Eindruck, dass alle Rivalitäten und Feindschaften für alle Zeit beendet waren.
Quelle
Josef Lisiecki: Vom Bau des Mönchturms | entnommen aus: Landkreis Bad Kissingen (Hrsg.): Sagen und Legenden aus dem Landkreis Bad Kissingen, 1982, S. 78 ff. | Nachdruck nur mit Quellangabe gestattet
Josef Lisiecki verweist im o.g. Sagenband zur Herkunft der Sage auf folgende Informationen und Quellen: Geschichten und Sagen des Hammelburger Raumes aus Hammelburger Zeitung, Heimatblätter, 1953, 3. Viertaljahr, S. 33, dazu: kleiner geschichtlicher Beitrag aus „Die Ortsnamen des Landkreises Brückenau“, S. 8.
Ungefährer Ort der Sage
Mönchsturm
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