Wenn heute in einem Weindorf – nicht nur im Frankenland – der „Busch“ an einem langen Weinstockpfahl über der Haustür des Häckers hängt, weiß man, dass hier ein preiswerter, selbstgebauter „Tropfen“ ausgeschenkt wird. Dieser alte Brauch hat aber einen recht ernsten Ursprung:
Auch in früheren Jahrhunderten gab es schlechte Weinjahre und „magere Herbste“. Mancher Häcker geriet dadurch in finanzielle Schwierigkeiten. Oft kamen die Gläubiger gleich nach der Lese, um einen Teil der bescheidenen Weinernte gegen schlechte Bezahlung dem Winzer abzunötigen.
Die Häcker der Gemeinde aber bewiesen in solchen Fällen ein gutes Zusammengehörigkeitsgefühl. Hatte ein Winzer seinen Busch über die Tür gesteckt, versammelten sich alle Berufskollegen zum Abend- und Sonntagstrunk, denn durch diese finanzielle Hilfestellung bekam der Schuldner meist das Geld für seine Gläubiger zusammen und für den eigenen Hausgebrauch blieb von der Ernte auch noch etwas übrig. Die Gläubiger aber konnten ausbezahlt werden und hatten keine Chance mehr, den Häcker unter Druck zu setzen, um an seine „”billige Weinernte“ zu kommen.
Der Busch mit dem langen Pfahl aber hatte seine Schuldigkeit getan und wurde wieder eingezogen.
Quelle
Josef Lisiecki: Die Entstehung der Häckerwirtschaften | entnommen aus: Landkreis Bad Kissingen (Hrsg.): Sagen und Legenden aus dem Landkreis Bad Kissingen, 1982, S. 89 | Nachdruck nur mit Quellangabe gestattet
Josef Lisiecki verweist im o.g. Sagenband zur Herkunft der Sage auf folgende Informationen und Quellen: Geschichten und Sagen des Hammelburger Raumes, S. 48, nach Hammelburger Zeitung – Heimatblätter 1953, 2. Vierteljahr, S. 15 von Schliermann.
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