Als die „Windheimer Töchter“ ihren Besitz an das Juliusspital verkauft hatten, ging es um im alten Schloss, wo der „Spitälische Vogt“ wohnte. Zu nächtlicher Stunde gab es ein Geschrei und Gejammer, dass den Hausbewohnern die Haare zu Berge stiegen. Es polterte so furchtbar, als ob schwere Steine die Treppe herunterkollerten; versperrte Türen sprangen auf oder schlugen mit solch ohrenbetäubendem Krachen zu, dass man es bis ins nahe Dorf hören konnte. Alle Leute im Schloß wie auch im Dorf lebten in Angst und waren felsenfest überzeugt, dass hier ein Gespenst sein Unwesen treibt.
Der recht vernünftige und unerschrockene Vogt hingegen glaubte nicht an Hexerei und verbot allen Untertanen im Dorf bei Strafe, von den Vorkommnissen zu erzählen oder gar Bürger der Hexerei zu bezichtigen.
Nun währte der Spuk aber schon sechs Wochen. Da wurde es selbst dem nüchternen Vogt unheimlich und er berichtete den mysteriösen Fall seinen Vorgesetzten im Juliusspital und fragte gleichzeitig an, ob er nicht die Herren Patres vom Franziskanerkloster Altstadt bei Hammelburg um Rat bitten solle.
Die Würzburger waren einverstanden und der Vogt sprach in Altstadt vor. Der „Hexenpater“ Wolfgang war aber verreist und der Pater Guardian war mit diesem Problem nicht vertraut; so musste der Mann unverrichteter Dinge wieder ins „Gespensterschloss“ zurückkehren.
Da fasste der Vogt den mutigen Entschluss, der Sache selbst auf den Grund zu gehen und dem Gespenst selbst auf den Leib zu rücken. Gehe es, wie es wolle, er musste diesen nächtlichen Spuk ergründen. Heimlich legte er sich auf die Lauer. Fast war die Nacht schon verstrichen, da – zwei Stunden vor Tagesanbruch – erwischte er das Gespenst in der Person einer Dienstmagd, die aus lauter Übermut seit Wochen den Schlossgeist gespielt hatte.
Vor Gericht erzählte sie, es habe ihr Spaß gemacht, das ganze Dorf in Furcht und Schrecken versetzt zu haben und über das Geflüster und Geraune der ängstlichen Menschen habe sie sich königlich amüsiert. Diesen Spaß hatte sie aber bitter zu bereuen, denn die Magd wurde für längere Zeit in den Kerker geworfen. Das Ereignis soll sich 1666 zugetragen haben.
Quelle
Josef Lisiecki: Nächtlicher Spuk im Windheimer Schloss | entnommen aus: Landkreis Bad Kissingen (Hrsg.): Sagen und Legenden aus dem Landkreis Bad Kissingen, 1982, S. 240 f. | Nachdruck nur mit Quellangabe gestattet.
Josef Lisiecki verweist im o.g. Sagenband zur Herkunft der Sage auf folgende Informationen und Quellen: Geschichten und Sagen des Hammelburger Raumes, S. 38 und 39 nach Hammelburger Zeitung – Heimatblätter vom 09.09.1953 von H. J. Mathes.
Ungefährer Ort der Sage
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