Auf einer freien Fläche am Weg vom Sodenberg nach Obereschenbach erhebt sich ein drei Meter hohes Steinkreuz. Die Stürme von Jahrhunderten haben ihm hart zugesetzt und die Altersschwäche hat das Kreuz geneigt. Die Bevölkerung der Umgegend weiß dazu folgende Sage zu erzählen:
Nicht weit vom stolzen Rienecker Schloss, das sich auf steilem Hügel über der Sinn heute noch erhebt, stand ebenfalls ein Schloss der Ritter von Thüngen. Die Rienecker jedoch mieden jeglichen Kontakt mit den nach ihrer Ansicht nicht ebenbürtigen Thüngen.
Der Ritter Gerhard von Rieneck hingegen teilte den Stolz seines Geschlechtes nicht; er war wegen seiner Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit bei arm und reich sehr beliebt.
Eines Tages warb er sogar um die schöne Gisela von Thüngen der Nachbarburg. Sein Vater aber schwor im Zorn, „nie und nimmer einer Vermählung mit der Unebenbürtigen zuzustimmen“. Er verlangte sogar von seinem Sohn, sofort das Verhältnis mit Gisela abzubrechen.
Giselas Vater hingegen war tief gekränkt, dass man seine Familie so geringschätzte und er brachte seine Tochter zu seinem Ganerbenschloß Kilianstein auf dem Sodenberg, um jeden Kontakt mit dem Rienecker ein für alle Mal zu unterbinden.
Doch noch nicht genug des Leids: Eines Tages traf die Nachricht ein, Gerhard sei auf einem Kreuzzug im Heiligen Land gefallen. Diese Hiobsbotschaft traf Gisela so sehr, dass sie sich völlig von der Öffentlichkeit zurückzog. Zum Zeichen ihres großen Schmerzes ließ sie 1299 auf dem Sodenberg ein Steinkreuz aufstellen, wo sie ein baldiges Lebensende und eine baldige Vereinigung mit ihrem Geliebten im Jenseits erflehte. Schon nach kurzer Zeit ging dieser Wunsch in Erfüllung.
Das Kreuz aber, das 1515 durch Philipp von Thüngen erneuert wurde, ging als „Heiliges Kreuz auf dem Sodenberg“ in die Heimatgeschichte ein und wird heute im Volksmund „Giselakreuz“ genannt.
Für den historischen Hintergrund mag interessant sein, dass sich die Grafen von Rieneck einst rühmten, Karl der Große habe selbst eine Gräfin von Rieneck geheiratet und diesem Adelsgeschlecht große Besitzungen in dieser Gegend geschenkt.
Quelle
Josef Lisiecki: Das Giselakreuz auf dem Sodenberg | entnommen aus: Landkreis Bad Kissingen (Hrsg.): Sagen und Legenden aus dem Landkreis Bad Kissingen, 1982, S. 163 f. | Nachdruck nur mit Quellangabe gestattet
Josef Lisiecki verweist im o.g. Sagenband zur Herkunft der Sage auf folgende Informationen und Quellen:
- Rhönwacht 1958 Nr. 2, S. 12 und 13 von Karl Stöckner,
- auch Geschichten und Sagen des Hammelburger Raumes, S. 27 und 28 nach Volkssagen im Saalegau Nr. 84 von Hermann Fischer und A. W. Nikola.
Weitere Informationen zur Sage
- Eingelesene Version der Sage zum Anhören auf den Seiten des Biosphärenreservats Rhön
Ungefährer Ort der Sage
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